Therapie und Vorbeugung bei einem Hörsturz

TablettenmischungDa der Hörsturz keine grundlegende Erkrankung ist und die spontane Selbstheilungsrate bei rund 70 Prozent liegt, kommen erst dann Therapieverfahren zum Einsatz, wenn der Hörsturz länger, also über mehrere Tage, anhält. In diesen Fällen ist eine gezielte Therapie sinnvoll und wichtig, um Komplikationen und Folgeschäden zu vermeiden.

Behandlung mit Medikamenten

Grundsätzlich kann ein Hörsturz medikamentös behandelt werden. Die medikamentöse Therapie stützt sich dabei auf die allgemeine Annahme, dass Durchblutungsstörungen im Bereich des Innenohrs den Hörsturz auslösen.

Wirkstoffgruppen gegen Durchblutungsstörungen

Es stehen verschiedene Wirkstoffgruppen zur Verfügung, die das Gleichgewicht des Innenohrs wieder herstellen sollen. Vorzugsweise bekommen Patienten mit einem Hörsturz ein Corticosteroid verordnet. Corticosteroide sind Entzündungshemmer, die schädliche Reaktionen des Immunsystems unterdrücken und verhindern. Durch die entzündungshemmende Wirkung entsteht darüber hinaus ein abschwellender Effekt, der zur Folge hat, dass der Blutfluss wieder in Gang kommt. Das bekannteste und häufig verwendete Corticosteroid ist Prednisolon, welches zumeist in Form von Tabletten verordnet wird. In schwerere Fällen des Hörsturzes kann es zudem injiziert werden.

Nebenwirkungen der Corticosteroid-Therapie

Der tatsächliche Nutzen der Prednisolon-Therapie gilt zwar bereits als nachgewiesen, dennoch sollte dieses Medikament nur nach einer gründlichen Abwägung von Nutzen und Risiko eingenommen werden. Die Einnahme eines Corticosteroids ist in vielen Fällen mit einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels verbunden, darüber hinaus kann es psychiatrische Störungen verursachen.

Zur Risikogruppe für Nebenwirkungen gehören:

  • Schwangere
  • Menschen mit starkem Übergewicht
  • Personen mit Diabetes mellitus
  • Bluthochdruck-Patienten und
  • Menschen mit Magengeschwüren

Infusionstherapie

nurse´s hand adjusting an IV dripEine Vielzahl der Hörstürze wird heute rheologisch behandelt. Das heißt, es werden über mehrere Tage hinweg Infusionen verabreicht, die die Mangeldurchblutung im Innenohr beheben. Zum Einsatz kommen meist Dextrane, Hydroxyethylstärke oder Pentoxifyllin, die allesamt den Blutvolumenmangel im Innenohr ausgleichen können. Die Infusionstherapie ist vor allem hierzulande gang und gäbe, wird jedoch in vielen anderen Ländern überhaupt nicht praktiziert. Grund hierfür ist vor allem der nicht belegbare Nutzen. Außerdem kann die Infusionstherapie unangenehme Nebenwirkungen haben.

Der Steal-Effekt und weitere Nebenwirkungen der Infusionstherapie

Der Steal-Effekt ist im Prinzip genau das Gegenteil dessen, was mit der Infusionstherapie eigentlich bezweckt werden soll. Es handelt sich hierbei um eine unbeabsichtigte, zusätzliche Verringerung der Durchblutung im Bereich des Innenohrs, die entstehen kann, wenn im Rahmen der Infusionstherapie der Blutfluss in der falschen Körperregion angeregt wird. Dank neuer Medikamente und des Verzichts veralteter Präparate tritt der Steal-Effekt zwar heute kaum mehr auf, dennoch können im Rahmen der Infusionstherapie zahlreiche Nebenwirkungen entstehen, die da wären:

  • langwieriger Juckreiz
  • allergischer Schock
  • Kopf- und Magenschmerzen
  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • erhöhter Harndrang

Intratympanale Therapie

Die Intratympanale Therapie ist eine Neuerung in der medikamentösen Corticosteroid-Behandlung. Hierbei werden die Cortisone nicht in Form hochdosierter Tabletten verabreicht, sondern direkt in das Mittelohr appliziert. Hierzu bekommt der Patient eine lokale Betäubung in den Gehörgang, sodass die darauf folgende Behandlung schmerzfrei ist. Anschließend erfolgt eine Cortison-Injektion direkt durch das Trommelfell. Das Präparat wirkt dann rund 20 Minuten im Mittelohr ein, überschüssige Flüssigkeit läuft letztlich von allein über das Ohr ab, sobald der Patient wieder eine sitzende oder stehende Haltung einnimmt. Die bislang einzig bekannte Nebenwirkung der intratympanalen Therapie ist ein kurzzeitiges Schwindelgefühl. Im Vergleich zur Therapie in Tablettenform bleiben andere Nebenwirkungen jedoch aus, was die intratympanale Therapie zu einer besonders schonenden Methode in der Hörsturz-Behandlung qualifiziert.

H.E.L.P-Apharese

Zur Behandlung eines Hörsturzes kommt in einigen Fällen die sogenannte H.E.L.P-Apharese infrage. Hierbei handelt es sich um eine extrakorporale Blutreinigung, also außerhalb des Körpers stattfindende, im Rahmen derer dem Blut vorwiegend LDL-Cholesterine entzogen werden, die den Blutfluss verlangsamen und behindern. Auf diese Weise kann die Durchblutungsstörung des Mittelohrs auf recht schonende Weise wieder hergestellt werden. Eine H.E.L.P-Apherese kann in jedem Fall ambulant durchgeführt werden, sie nimmt rund zwei Stunden in Anspruch und wird in speziellen Apherese-Zentren angeboten.

Funktionsweise der Apherese

Zur Durchführung der H.E.L.P-Apherese wird dem Patienten ein Dauerzugang in eine Armvene gelegt. Aus dieser wird über zwei Stunden hinweg Blut gezogen, welches unmittelbar in das Apharese-Gerät fließt. In diesem Gerät wird das Blut von Fibrinogen, Proteinen und LDL-Cholesterinen befreit und vollständig gereinigt in den Körper des Patienten zurückgeführt. Im Rahmen einer einmaligen Apherese kann etwa die Hälfte des gesamten Körperblutes gereinigt werden. Eine Anwendung reicht aus, um die Symptome des Hörsturzes zu lindern.

Ionotrope Therapie

Die ionotrope Therapie wird heute bestenfalls in Kliniken durchgeführt. Im Rahmen dieser sogenannten Ionenkanal-Aktivierung bekommt der Patient intravenös ein Lokalanästhetikum verabreicht, vorzugsweise Lidocain. Dieses örtliche Betäubungsmittel stärkt die Funktion der Hörsinneszellen, die während eines Hörsturzes beeinträchtigt ist. Obwohl Lokalanästhetika eigentlich nicht für den Gebrauch zur Behandlung eines Hörsturzes bestimmt sind, ist ihr Nutzen zur Wiederherstellung der Hörfähigkeit längst nachgewiesen. Dennoch wird die ionotrope Therapie ausschließlich in Krankenhäusern durchgeführt, denn die Dosierung des Betäubungsmittels erfordert größte Genauigkeit. Nachteilig an dieser Therapie sind die unangenehmen Nebenwirkungen wie Kreislaufkollapse oder Krämpfe.

Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO)

Der Einfluss der hyperbaren Sauerstofftherapie auf einen Hörsturz ist bislang nicht gänzlich bestätigt, dennoch berichten Betroffene von durchschlagenden Erfolgen. Die hyperbare Sauerstofftherapie, kurz HBO, basiert auf der Verabreichung reinen Sauerstoffs in einer hyperbaren Umgebung, also in einer Umgebung mit stark erhöhten Druckverhältnissen. Dieser Hyperdruck kann nur in einer medizinischen Druckkammer erreicht werden, weswegen Patienten den reinen Sauerstoff innerhalb dieser Druckkammer zugeführt bekommen. Die HBO, fachlich korrekt auch hyperbare Oxygenierung genannt, kann durch den vorherrschenden Überdruck das Blut mit reinem Sauerstoff anreichern, welcher sich unmittelbar an die roten Blutkörperchen bindet und die Fließeigenschaften des Blutes sowie das Blutvolumen begünstigt. Durchblutungsstörungen können durch mehrmalige Anwendung der HBO behoben werden.

Prognose

Die Prognosen nach einem Hörsturz sind in aller Regel sehr positiv. In etwa 90 Prozent aller Fälle zieht ein akuter Hörsturz keine weiteren Folgen nach sich, er klingt binnen weniger Stunden oder Tage von selbst wieder ab und hinterlässt weder eine verminderte Hörleistung noch einen Tinnitus. Dennoch sollte ein Hörsturz, der nicht spätestens am Folgetag wieder abgeklungen ist, immer medizinisch untersucht werden. In schweren Fällen droht dem Betroffenen sonst eine dauerhafte Taubheit. Auch kann nach einem abgeklungenem Hörsturz ein Tinnitus zurückbleiben. Rund 30 Prozent aller Betroffenen erleiden zudem nach dem ersten Hörsturz mindestens einen weiteren, manche leiden sogar regelmäßig an Hörstürzen.

Grundsätzlich ist die Prognose bei einem leichten Hörsturz, bei dem das Hören nur verzerrt und blechern ist, besser als bei einem Hörsturz mit völliger Taubheit. Knapp zehn Prozent der Betroffenen benötigen nach einem schweren Hörsturz ein Hörgerät, alle anderen Patienten erlangen ihr volles Gehör zurück.

Einem Hörsturz vorbeugen

OhrenschmerzenDa der Hörsturz eine akute und idiopathische Hörminderung darstellt, die also ohne offensichtlichen Anlass auftritt, gibt es keine sichere Prävention. Im Prinzip kann jeder Mensch von einem Hörsturz betroffen sein, gleich welchen Geschlechts und welchen Alters. Die wichtigsten Vorbeugungsmaßnahmen sind daher ein gesunder Lebenswandel und das frühzeitige Erkennen auslösender Grunderkrankungen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, nicht zu rauchen, Übergewicht zu reduzieren und den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls fachärztlich einstellen zu lassen. Darüber hinaus sollten dauerhafte Stressoren vermieden werden. Vor allem beim Auftreten eines Tinnitus, der als Vorbote des Hörsturzes gewertet werden kann, sollten Sie umgehend einen körperlichen und psychischen Schongang einlegen.

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